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Die Serienmördertheorie

Drei Frauen verschwinden zwischen 1991-1997 in München auf mysteriöse Weise. Kristin Harder (28) im Dezember 1991, Sonja Engelbrecht (19) im April 1995 und Bettina Trabhardt (45) im August 1997. Alle drei Frauen haben sich in den 90er Jahren im Münchner Nachtleben aufgehalten und lediglich bei Kristin Harder konnte einwandfrei attestiert werden, dass ein Kapitalverbrechen vorlag.

Im Jahr 1992, ca. ein Jahr nach Kirstin Harders Verschwinden, fand man ein abgetrenntes Bein im Wald von Neubiberg und ein abgesägter Arm in der Wasserkraftanlage Altheim, wo die Rechtsmedizin später die Identität von Kirstin Harder feststellen konnte.

Betrachtet man die geographische Entfernung hinsichtlich des Verschwindens und der mögliche letzte Aufenthaltsort der Frauen, Kirstin Harder (Schumann’s Gastronomie, Maximilianstraße 36, München), Sonja Engelbrecht (Stiglmaierplatz, München) und Bettina Trabhardt, (englischer Garten, München) so fällt nicht nur dem ortskundigen Münchner sehr schnell auf, dass es sich um ein überschaubares Areal handelt, wo nur wenige  Kilometer Luftlinie zwischen liegen.

Am 13.05.1992, kurz nachdem man Teile des Torsos von Kirstin Harder fand, meldete sich  eine  anonyme Anruferin bei der Polizeiinspektion Neuperlach und erklärte in einem ca. 20-minütigen Gespräch, sie wisse wo sich das Mordhaus befindet und könnte es der Polizei zeigen.

Völlig unverständlich, dass die Dienstelle Neuperlach diesen Anruf zunächst nicht ernst nahm und nicht einmal versuchte dieses Gespräch zu lokalisieren und mitzuschneiden , sowie eine Tonbandaufnahme der Stimme der Frau anzufertigen, die man später ohne weiteres in einer Sendung wie Aktenzeichen XY ungelöst hätte publizieren können.
Diese Fahrlässigkeit und Nichtbeachtung des Anrufes, sowie zeitnahes Handeln, hat vielleicht zwei weiteren Frauen oder sogar noch mehr das Leben gekostet, wenn die anonyme Anruferin wirklich etwas wusste und es sich tatsächlich um einen Serienmörder gehandelt haben dürfte.
Link zu einem weiterführenden Bericht der Merkur Online: Kristin Harder: Kennt Zeugin das Mordhaus?

Der Täter dürfte sehr vertrauenswürdig, gutaussehend, eloquent, gebildet gewesen sein, der bei seinen Taten weder Empathie, noch Mitleid mit seinen Opfern zeigte, sowie mit durchdachter Intelligenz und brutaler Kälte später vorgegangen ist. Eine Art deutscher Ted Bundy, der aufgrund seines Charismas sich durchaus bewusst gewesen ist, wie er auf Frauen wirkte und der sich dadurch schnell das Vertrauen von Frauen erschlich. Die Münchner Presse verwendete dazu später u.a. auch den Begriff “ Womanizer“.
Ein Täter, der einen Masterplan in der Tasche hatte und im Münchner Nachtleben aktiv gewesen ist und sich ganz gezielt Frauen aussuchte, welche in sein Beuteschema passten. Ein Mensch, der möglicherweise keinerlei dissoziale Verhaltensauffälligkeiten im alltäglichen Leben/Beruf zeigte, sowie sehr akribisch bei der Spurenbeseitigung vorging und über Ortskenntnisse verfügte. Hatte er bei seiner ersten Tat (Kristin Harder) noch Mühe bei der Spuren-und Leichenbeseitigung, so könnte er bei den darauf folgenden Taten rational durchdachter vorgegangen sein, um keinerlei Rückschlüsse  auf seine Identität zu zulassen.

Die Polizei schloss im Mai 2010 nach intensiven Ermittlungen die Taten eines Serienmörders aus und teilte in einer Pressemitteilung mit, dass keinerlei Zusammenhang zwischen den drei verschwundenen Frauen bestehe.

Weiterführende Links:
Das schreckliche Ende von Kristin
Drei Frauenleichen: zwei Morde und ein Suizid
„Ich habe doch nichts gemacht“
Ein Rendezvous ohne Wiederkehr

Vielen Dank an Herrn A. S. für die Erstellung und Bereitstellung dieses Beitrags.

Am Stiglmaierplatz

Telefonzellen Stiglmaierplatz 1995

Die Telefonzellen am Stiglmaierplatz im Jahr 1995. In einer dieser Telefonzellen soll Sonja angeblich das letzte Mal gesehen worden sein.

Nach Roberts Aussage gingen Sonja und er am Stiglmaierplatz in eine der beiden Telefonzellen am Taxistand. Sonja wollte angeblich jetzt doch ihre Schwester anrufen. Dazu übergab er ihr, nach Aussage, seine Telefonkarte. Er behauptete weiter, daß er bei Sonjas angeblichem Telefongespräch mit in der Telefonzelle war. Sonja soll in seinem Beisein die erste Telefonziffer gewählt haben. Später äußerte er, daß die Telefonkarte möglicherweise defekt gewesen sein könnte, obwohl er vorher behauptete, daß sie noch einen Wert von DM 6 ,– hatte. Diese Aussagen sind höchst widersprüchlich, da ein Kartenfehler vom Automaten direkt angezeigt wird. Wäre die Telefonkarte tatsächlich defekt gewesen, hätte er das bereits in der Telefonzelle erkennen müssen. Denn eine Wahlaufnahme wäre mit einer defekten Karte gar nicht möglich gewesen.

Telefonzellen Stiglmaierplatz 2 1995

Auf diesem Bild kann man sich sehr gut die Entfernung zwischen Telefonzelle und Trambahn Haltestelle ansehen.

Plötzlich sei die Tram gekommen und Robert habe schlagartig die Zelle verlassen, um zur Tram zu rennen. Angeblich hat er sich auch nicht mehr nach Sonja umgeschaut. Die Tram will Robert um 2:28 Uhr bestiegen haben. In der Tram will er dann eine Gruppe von sechs Amerikanern oder Engländern, die zu ihm in die Tram gestiegen sind, nach der Uhrzeit gefragt haben. Einer dieser Touristen soll auf die Frage nach der Uhrzeit hin scherzhaft geantwortet haben „zu spät für dich“. Nachdem Robert von der Gruppe die Uhrzeit nicht erfuhr, fragte er nun angeblich den Trambahnfahrer nach der Uhrzeit. Dieser soll ihm die Uhrzeit dann mitgeteilt haben.

Der besagte Trambahnfahrer wurde später von der Polizei ausfindig gemacht. Er konnte sich allerdings nicht daran erinnern, dass ihn jemand in dieser Nacht nach der Uhrzeit gefragt haben will.

 

– Warum hatte es Robert auf einmal so eilig die Tram zu erreichen, obwohl er es doch zuvor nach Julians Aussage gar nicht eilig hatte und aus der Wohnung förmlich hinausgeworfen werden musste?
– Wie konnte Robert die Uhren am Stiglmaierplatz angeblich übersehen, obwohl er doch als er und Sonja aus der Schleißheimerstraße kamen ganz genau auf diese Uhren zulief?
– Warum war es für Robert so wichtig die Uhrzeit zu erfahren, als er sich bereits in der Tram befand? Sein nächstes  Ziel, der Münchner Hauptbahnhof, ist nur zwei kurze Haltestellen vom Stiglmaierplatz entfernt. Am Gebäude des Hauptbahnhofes befindet sich eine sehr große Uhr. Die Uhr am Münchner Hauptbahnhof sollte jedem Münchner Einwohner bekannt sein. Insbesondere Robert, der sich ja desöfteren mit Sonja und ihren Freundinnen am Hauptbahnhof traf.

Stiglmaierplatz Uhren

Das Bild zeigt die Uhr an der Haltestelle am Stiglmaierplatz, die Robert übersehen haben will. Die Uhr ist von allen Seiten gut sichtbar und sie ist des Nachts sogar beleuchtet.

Desweiteren kann man voraussetzen, dass jedermann bekannt ist, dass sich an einem Hauptbahnhof allgemein unzählige Uhren befinden.
– Warum hat Robert Sonja allein am Stiglmaierplatz zurück gelassen, obwohl sie doch kurz zuvor angeblich äußerte dass sie Angst habe und sich beobachtet und verfolgt fühlte?
– Warum soll Sonja es freiwillig vorgezogen haben, alleine am Stiglmaierplatz stehen zu bleiben und auf eine ungesicherte Abholung ihre Schwester oder ihre Eltern zu warten, wenn sie doch angeblich Angst hatte?
– War es Sonja nicht klar das ihre Wartezeit bei einer Auto-Abholung länger gewesen wäre, als die Heimfahrt mit der Tram?
– Warum konnte der Trambahnfahrer nicht bestätigen, dass Robert ihn nach der Uhrzeit fragte? In der Trambahn ist ein Schild angebracht, auf dem steht dass es verboten ist den Trambahnfahrer anzusprechen. Es ist anzunehmen, dass die meisten Menschen sich an dieses Verbot halten. Somit dürfte das Angesprochen werden für den Trambahnfahrer eine eher außergewöhnliche und erinnerungswürdige Situation darstellen.
– Wie konnte Robert das Aussehen des Trambahnfahrers beschreiben, obwohl man als Fahrgast den Trambahnfahrer gar nicht richtig sehen kann, da er durch einen Vorhang abgegrenzt ist?

Vielen Dank an Herrn S.S. für die Bereitstellung von Fotomaterial der aktuellen örtlichen Begebenheiten.

Der Rückweg von der Schellingstraße zum Stiglmaierplatz

Nach Aussage verließen Sonja und Robert angeblich um ca. 2:10 Uhr die Wohnung in der Schellingsstraße, um zu Fuß über die Schelling- und die Schleißheimerstraße (vorbei am „Vollmond“) zum Stiglmaierplatz (Trambahn/U-Bahn Station) zu gehen.  Sonja hatte einen relativ langsamen Gang, darüber hinaus war sie laut Aussage von Julian sehr müde.
Der Fußweg von der Wohnung in der Schellingstraße bis zum Stiglmaierplatz ist ca. 1,2 km lang. Für einen Fußweg von 1,2 km benötigt eine durchschnittliche Person ca. 15 Minuten. Sonja hatte wie bereits erwähnt einen eher langsamen Gang und war zusätzlich müde, so dass man annehmen muss, das sie eher 20 Minuten für den Fußmarsch benötigte.

Auf der Wegstrecke von der Schellingstraße zum Stiglmaierplatz befanden sich damals mehrere öffentliche Telefonzellen, an denen Sonja und Robert vorbei kamen. Es hätten sich dadurch mehrere Möglichkeiten für Sonja ergeben zu telefonieren.

Schleissheimerstrasse-Gebuesch

Das besagte Gebüsch in der Schleißheimerstraße, in dem Sonja angeblich austreten musste. Das Bild stammt aus dem Jahr 2014.

Am Gesundheitsamt, in einem Gebüsch, musste Sonja laut Robert angeblich austreten. Zu diesem Zweck ging sie in das Gebüsch, kam aber kurz darauf wieder heraus und soll geäußert haben, dass sie Angst habe, sich beobachtet und verfolgt fühle. Robert habe dies nicht weiter gekümmert. Später gab Robert dann noch zwei weitere Orte an, an denen Sonja angeblich austreten gewesen sein soll. Er war sich, wie er selbst sagte, nicht mehr sicher wo genau Sonja austreten ging.
Sonja trug an diesem Abend eine sehr enge schwarze Lederhose. Es ist anzunehmen, dass sie diese enge Lederhose nicht so einfach und schnell, noch dazu bei Dunkelheit, in einem Gebüsch hätte ausziehen können. Hinzukommend ist es grundsätzlich für Frauen sowieso ein eher ungewöhnliches Verhalten, in einem Gebüsch oder auf der Straße auszutreten.

Die zu Julians Wohnung nächstgelegene Trambahn Station befindet sich an der Lothstraße (Haltestelle Hochschule München). Der Fußweg zu dieser Trambahn Haltestelle beträgt ca. 460 Meter, das sind ca. 6 Minuten Fußmarsch. Desweiteren befindet sich eine weitere Trambahn Haltestelle (Haltestelle Sandstraße) direkt am Gesundheitsamt, an dem Sonja angeblich austreten musste. Der Fußweg von Julians Wohnung in der Schellingstraße bis zur Sandstraße beträgt ca. 800 Meter. Ca. 10 Minuten Gehweg.
An diesen beiden Haltestellen fährt, ebenso wie am Stiglmaierplatz, die Nachttram Linie N20 mit der Sonja und Robert nach Hause fahren konnten.

– Warum haben Sonja und Robert angeblich den viel längeren Fußmarsch zum Stiglmaierplatz begangen, anstatt eine der beiden näher gelegenen Trambahnhaltestelle davor zu nutzen?
– Wie will Robert um 2:28 Uhr in die Trambahn am Stiglmaierplatz eingestiegen sein sollen, wenn beide erst um 2:10 die Wohnung verlassen haben und allein der Fußmarsch (ohne Austreten und ohne Betreten der Telefonzelle am Stiglmaierplatz) schon mindestens 20 Minuten dauerte?
– Warum musste Sonja so kurz nach dem sie die Wohnung in der Schellingstraße verlassen hatte austreten? Hätte sie nicht in der Wohnung viel bequemer auf die Toilette gehen können?
– Warum fiel es Robert erst später ein, dass Sonja angeblich austreten wollte?
– Warum konnte Robert nicht mehr genau sagen wo Sonja angeblich austreten musste, so dass er der Polizei drei verschiedene Orte nannte?
– Von wem fühlte sich Sonja beobachtet und verfolgt?
– Warum war Robert nicht sonderlich berührt, als Sonja angeblich Angst hatte und sich beobachtet und verfolgt fühlte, wie er angab?

Vielen Dank an Herrn S.S. für die Bereitstellung von Fotomaterial der aktuellen örtlichen Begebenheiten.

Die Anhalter Theorie

Für die Polizei ist es bis dato die wohl bequemste aller möglichen Erklärungen, dass Sonja zu einer für sie unbekannten Person ins Auto eingestiegen sein soll.

Wie kommt die Polizei auf diese These?

Sonjas damalige Freundin Lucie hat u.a. bei der Polizei ausgesagt, dass Sonja angeblich des Öfteren per Anhalter gefahren wäre. Nachdem Sonjas Mutter Lucie daraufhin damit konfrontierte, gab Lucie zu,  dass sich diese Aussage auf ein einziges Mal bezog, als Sonja vor dem Lokal „Liberty“ Jugendliche fragte, ob man sie, sowie ihre Freundinnen mit dem Auto mitnehmen würde. Diese spontane Mitfahrgelegenheit kam jedoch nicht zustande. Alleine wäre Sonja, soweit bekannt ist, nie freiwillig ohne Anwesenheit, Zureden oder Verbürgen von Bekannten in ein fremdes Auto eingestiegen.
In diesem Zusammenhang behauptete Robert der sog. letzte Begleiter, dass Sonja während eines Englandaufenthaltes öfters per Anhalter gefahren sei. Ob diese Aussage von Robert der Wahrheit entspricht, ist ungewiss.
Äußerst fraglich jedoch, ob jemand, der ansonsten nie per Anhalter fährt, dies dann ausgerechnet in einem fremden Land macht.

Aus welchem Grund soll Sonja am 11.04.1995 gegen 2:30 Uhr vom Stiglmaierplatz per Anhalter gefahren sein?

Telefonzellen Stiglmaierplatz 2 1995

Auf diesem Bild kann man sich sehr gut die Entfernung zwischen Telefonzelle und Trambahn Haltestelle ansehen.

Angeblich stand sie in der Telefonzelle am Stiglmaierplatz als die Trambahn der Linie N20 einfuhr, mit der sie nach Hause hätte fahren können. Sie hätte nur ca. zwei Meter über die Straße laufen müssen um die Trambahn zu erreichen. Ein Katzensprung. Mit dieser Tram hätte sie zum Hauptbahnhof fahren können und hätte von dort aus bequem die Linie N19 nach Hause nach Laim nehmen können.

Selbst wenn Sonja die N20 wirklich verpasst hätte (was aufgrund der kurzen Entfernung zwischen Telefonzelle und Trambahnhaltestelle kaum möglich ist), so hätte sie immer noch zu Fuß zum Hauptbahnhof gehen können. Der Fußweg vom Stiglmaierplatz bis zum Hauptbahnhof beträgt ca. 10-15 Minuten. Am Hauptbahnhof hätte sie auf die N19 warten können, die damals um die fragliche Uhrzeit nachweislich immer noch im Stundentakt fuhr.

Einen gültigen Fahrausweis für die öffentlichen Verkehrsmittel hatte Sonja bei sich und es ist von vorneherein geplant gewesen, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln wieder nach Hause zu fahren.

Warum sollte sie es also vorgezogen haben, zu einer fremden Person ins Auto einzusteigen, anstatt mit der Trambahn sicher und unproblematisch nach Hause zu fahren?

Ihre Eltern (und auch ihre Schwester) hätten von Laim aus rund 30 Minuten benötigt um zum Stiglmaierplatz zu kommen. In der gleichen Zeit wäre Sonja bereits zu Hause gewesen, wenn sie die Trambahn genommen hätte.

Der Stiglmaierplatz befindet sich sehr zentral gelegen mitten in der Münchner Innenstadt. Er eignet sich allein durch seine geographische Lage überhaupt nicht zum Trampen, da vorbei fahrende Autos in unzählige verschiedene Richtungen fahren. Es ist eine Sache sich als Tramper an eine Autobahn zu stellen und darauf zu hoffen in Fahrtrichtung mitgenommen zu werden, aber es ist eine völlig andere Sache mitten in einer Großstadt zu trampen. Noch dazu mitten in der Nacht und als Frau!

Wie hoch ist wohl die Wahrscheinlichkeit in einer großen Stadt wie München mitten in der Nacht am Stiglmaierplatz ausgerechnet eine Person zu finden die a) bereit ist eine Tramperin mitzunehmen und die b) auch noch in Richtung Laim fährt?

Wohl ein äußerst waghalsiges und auch gefährliches Unterfangen darauf zu spekulieren mitten in der Nacht als junge attraktive Frau gegen 2:30 Uhr vom Stiglmaierplatz mitgenommen zu werden, um sicher und gefahrenlos nach Hause zu kommen.

Der fragwürdige Anruf bei der Schwester

Angeblich äußerte Sonja bereits in der Wohnung in der Schellingstraße gegenüber Robert, Josef und Julian, dass sie ihre ältere Schwester anrufen möchte, um sich von ihr mit dem Auto abholen zu lassen. Da es bereits so spät in der Nacht war (ca. 1 oder 2 Uhr) wollen ihr die Jungs aufgrund der späten Uhrzeit davon abgeraten haben ihre Schwester anzurufen.
Am Stiglmaierplatz soll Sonja allerdings laut Robert erneut geäußert haben, dass sie nun ihre Schwester anrufen möchte. Aus diesem Grund begaben sich Sonja und Robert angeblich zusammen in eine der Telefonzellen am Stiglmaierplatz.

Soweit die Aussagen der drei Jungs. Es bestehen allerdings große Zweifel, ob sich dies alles wirklich so abgespielt hat. Denn:

Sonja hat zuvor noch nie ihre Schwester mitten in der Nacht angerufen, um sich von ihr abholen zu lassen. Es war vollkommen unüblich, dass die Schwestern sich gegenseitig des Nachts abholten. Es war vielmehr üblich, dass Sonja ihre Eltern anrief wenn sie Nachts abgeholt werden wollte. Sonja wusste, dass ihre Eltern auch noch zu dieser späten Stunde bereit gewesen wären sie abzuholen.

Sonja konnte sich gar nicht sicher sein, dass sie ihre Schwester überhaupt telefonisch in deren Wohnung erreichen würde. Denn ihre Schwester übernachtete auch des öfteren bei ihrem damaligen Freund.

Sonja kannte die Telefonnummer ihrer Schwester nicht auswendig. Sonjas Schwester wohnte damals nur ca. 800 Meter von der elterlichen Wohnung entfernt und kam so gut wie jeden Tag nach Hause. Sonja rief ihre Schwester nur sehr selten an, da sie ihre Schwester ja sowieso ständig persönlich in der elterlichen Wohnung antraf. Hinzu kommt das Sonjas Schwester damals eine noch recht neue und sehr lange Telefonnummer hatte, die man sich schlecht merken konnte. Sonja hatte aufgrund der seltenen Anrufe bei ihrer Schwester noch gar keine Gelegenheit sich deren neue Telefonnummer einzuprägen.

Die Telefonnummer von Sonjas Schwester stand damals nicht im Telefonbuch, so dass auch das Heraussuchen der Nummer in einem öffentlichen Telefonbuch nicht möglich gewesen wäre.

– Sonjas Notizbüchlein, in dem sie unter anderem auch die Telefonnummer ihrer Schwester notiert hatte, hatte sie am 11.04.1995 nicht dabei.

Wie hätte Sonja also ihre Schwester anrufen sollen?

Die Wohnung in der Schellingstraße

Schellingstrasse 1995

Die Wohnung in der Schellingstraße im Jahr 1995

Angeblich blieben die vier bis etwa 20 Minuten vor 1 Uhr früh im Lokal „Vollmond“, um danach zu Fuß zu Julians Wohnung zu gehen. Julians Eltern waren zufällig nicht zu Hause. Die Wohnung befindet sich in der Schellingstraße (Hausnummer bekannt), also etwa 8 Minuten Fußmarsch vom Lokal entfernt. Julian äußerte, das er Sonja und Robert nicht dazu aufforderte ihn und Josef in die Wohnung seiner Eltern zu begleiten und das es ihm auch nicht sonderlich recht war, da er eigentlich schlafen wollte. Angeblich sind ihm Sonja und Robert einfach zur Wohnung gefolgt.

Nach Julians Aussage hielten sich Sonja und Robert bis ca. 2:10 Uhr dort auf, er musste sie förmlich hinausschmeißen, da er sich mit seinem Freund Josef nun endlich zur Ruhe begeben wollte. Weiter behauptete Julian, dass Robert überhaupt keine Eile zeigte und bis dahin auch keine Anstalten machte zu gehen. Des weiteren das sich Sonja die gesamte Zeit im Lokal, wie auch in der Wohnung auffällig müde verhielt. Angeblich wollte Sonja bereits in der Wohnung ihre Schwester anrufen, um sich von ihr mit dem Auto abholen zu lassen. Julian äußerte dazu, dass man dort meinte, dies um solche Zeit nicht mehr zu tun. Soweit Sonjas Eltern es wissen, wurde bei der polizeilichen Einvernahme geäußert, dass Sonja Angst gehabt hätte, ihre Schwester anzurufen.

Vollkommen konträr zu dem was die drei Jungs aussagten (Sonja und Robert sollen gegen 21:40 im „Vollmond“ eingetroffen sein), steht die Aussage einer Bewohnerin in Julians Haus. Sie sagte aus, dass sie Sonja und Robert bereits gegen ca. 22 Uhr im Hausflur im Wohnhaus in der Schellingstraße gesehen hat.  Die Aussage dieser Nachbarin wurde in der öffentlichen Berichterstattung von der Polizei noch nie erwähnt.

Gegen ca. 2:00 Uhr erhielt Sonjas Freundin Maria einen sehr sonderbaren Anruf. Jemand rief bei ihr zu Hause an und äußerte mit verstellter Stimme obskure Äußerungen und Drohungen. Maria war überzeugt, dass Robert der Anrufer war. Ihre Eltern waren nicht zu Hause und nur die Clique konnte dies wissen. Eine Schulfreundin war bei ihr. Maria hatte nach dem Anruf dermaßen Angst, dass sie zu ihrer Nachbarin ging.  Im Rahmen der Einvernahme berichtete sie diesen Vorfall der Polizei. Die Polizei beurteilte diesen Anruf als nicht relevant, Maria wurde aber dennoch angehalten, hierüber Stillschweigen zu wahren.
Ein ehemaliges Sektenmitglied deutet diesen Anruf als eine in der Sektenszene durchaus übliche Art der Androhung von Sanktionen bei Ungehorsam. 

Laut Julian hat niemand in seiner Wohnung telefoniert. Und auch Robert stritt zuerst ab, den besagten Anruf bei Maria getätigt zu haben. Zumal man ja dort angeblich allgemein der Meinung war, um diese Zeit niemanden mehr mit einem Telefonanruf belästigen zu können.
Am 23.05.1996, gab Kriminaloberrat Nagel gegenüber Sonjas Eltern zu, dass Robert gestanden hat, diesen Anruf getätigt zu haben und zwar von Julians Wohnung aus! 

Schellingstrasse1

Das gleiche Wohnhaus in der Schellingstraße im Jahr 2014

Es ist an dieser Stelle wissenswert, dass Maria später noch weitere Anrufe erhielt. Maria wollte nach Sonjas Verschwinden nichts mehr mit der Gruppe zu tun haben. Sonjas andere Freundinnen Lucie, Anna und Elli versuchten immer wieder Maria zurück in die Gruppe zu holen. Sie riefen Maria mehrmals an und drängten, dass sie sich wieder mit ihnen treffen solle. Am 23.09.1995 um 4 Uhr früh wurde Maria von Lucie und der Clique vom Hauptbahnhof aus angerufen und terrorisiert. Am 28.03.1996 rief sogar unüblicherweise Robert bei ihr an.

Die Mieter unter Julians Wohnung, wie auch deren Freunde und Freundinnen kannten Sonja von früher. Laut Aussage dieser Familie hatte Julian, wenn seine Eltern nicht zu Hause waren, Besuch von obskuren Gestalten. Desweiteren äußerten sie, dass es in Julians Wohnung häufig laut zugeht. Da es sich bei dem Haus in der Schellingstraße um ein hellhöriges Haus handelt, fällt dies auf. Es gibt auch Behauptungen, dass Julian haschte und dealte. In diesem Zusammenhang ist auch erwähnenswert, dass bei polizeilichen Vernehmungen auch Aussagen über Drogen erfolgten, die Sonjas Eltern jedoch nicht genau bekannt wurden.

In der Nacht vom 10.04./11.04.1995 wurde in Julians Haus und aus dessen Wohnung von den Hausbewohnern kein störender Lärm wahrgenommen. Die vier hätten sich somit äußerst still verhalten haben müssen, obwohl angeblich auch noch Musik angehört worden sein soll. Auch ein in diesem Haus wohnender aufmerksamer pensionierter Polizist hat hier nichts Störendes festgestellt.
Nachdem Sonjas Vater im Haus war, hörten laut Aussage der Bewohner der unteren Wohnung die Besuche der obskuren Gestalten bei Julian auf.

Ca. 1/2 Jahr nachdem Sonja verschwunden war, hängten Sonjas Eltern ein Suchplakat bei Julians Haus auf. Die Bewohnerin, die unter Julians Wohnung wohnte beobachtete, wie Julian, als er das Suchplakat sah, einen großen Bogen um dieses machte und auf die andere Straßenseite ging.

– Warum behauptete Julian, dass niemand in seiner Wohnung telefoniert hätte, obwohl Robert den Anruf bei Maria später zugab?
– Warum stritt Robert den Anruf bei Maria zuerst ab?
– Was war der genaue Grund für den Anruf bei Maria?
– Wurde dieser Anruf tatsächlich in Julians Wohnung getätigt?
– Warum rief Sonja ihre Schwestern nicht bereits von der Wohnung aus an, um sich direkt dort von ihr abholen zu lassen, anstatt sich vom Stiglmaierplatz abholen zu lassen? (Die zusätzliche Fahrtzeit für die Schwester hätte lediglich 3-4 Minuten betragen)
– Warum hat in jener Nacht kein Bewohner in Julians Haus irgendwelche störende Geräusche registriert, obwohl es ein hellhöriges Haus ist?
– Warum hörten die Besuche von obskuren Gestalten in Julians Wohnung laut Aussage der Bewohner des Hauses abrupt auf, nachdem Sonjas Vater im Haus war?
– Warum reagierte Julian derart merkwürdig auf ein Suchplakat?

Vielen Dank an Herrn S.S. für die Bereitstellung von Fotomaterial der aktuellen örtlichen Begebenheiten.

Kurz vor Sonjas Verschwinden

Wochen vor Sonjas Verschwinden beklagte sie sich, dass bei längeren Telefongesprächen häufig Knacksgeräusche im Hörer auftraten. Sonjas Eltern gingen von technischen Unzulänglichkeiten aus und maßen diesem Vorkommnis keine weitere Bedeutung bei. Auch eine gewisse Zeit nach Sonjas Verschwinden, selbst nach Austausch gegen einen neuen Telefonapparat, traten diese Störungen noch eine gewisse Zeit danach sporadisch auf.
Sonjas Eltern gehen daher davon aus, dass ihr Telefonapparat bzw. Sonjas Gespräche abgehört wurden. Dies gaben sie auch bei der Polizei an, dort verneinte Kriminaloberrat Udo Nagel sehr emphatisch eine solche polizeiliche Aktion, obwohl Sonjas Eltern dies nach Sonjas Verschwinden als selbstverständlich akzeptiert hätten. Sie sind der Meinung, dass dies bereits vor ihrem Verschwinden und zwar von Unberechtigten erfolgte, andernfalls hätten sie ja annehmen dürfen, dass Sonjas Verschwinden von den Strafverfolgungsbehörden verhindert bzw. deren Ermittlung danach wohl etwas profihafter bzw. effizienter durchgeführt worden wäre.

Tilt 1995

Die Diskothek „Tilt“ in der Helmholtzstraße 12 im Jahr 1995, die Sonja desöfteren Donnerstags gemeinsam mit ihren Freundinnen besuchte.

Am 21.03.1995 lag vor der Wohnungstür eine wunderschöne rote Rose mit chinesischen Schriftzeichen auf den Blütenblättern, die übersetzt bedeuteten “Ich liebe Dich”.
Sonja wusste nicht, von wem sie abgelegt wurde, vermutete aber von Robert (nicht zu verwechseln mit Robert, dem letzten Begleiter. Die beiden Personen haben lediglich zufällig den gleichen Vornamen) , einem Bekannten der auch jeden Donnerstag die Musikhalle “Tilt” besuchte. Er bemühte sich um Sonja. Sie war einmal mit ihm aus, dabei blieb es allerdings. Sonja hatte kein weiteres Interesse an ihm.
Robert wurde kurz nach Sonjas Verschwinden von ihrer älteren Schwester Silvia im “Tilt” angetroffen. Auf die Rose angesprochen, gab er zu, diese Rose eigenhändig bemalt und dort abgelegt zu haben. Des Weiteren das er am Ostersonntag früh um 4:40 Uhr (also 5 Tage nach Sonjas Verschwinden) bei Sonjas Eltern angerufen habe (als sie den Telefonhörer abnahmen, war die Anwahl bereits unterbrochen). Trotz angebrachter Suchplakate beim Eingang des o.g. Lokals, wollte er von ihrem Verschwinden nichts gewusst haben. Zur Sache meinte er, dass Sonja labil sei und möglicherweise Selbstmord begangen habe und des Weiteren, dass Robert (der letzte Begleiter) wohl wisse wo sie sei.

In letzter Zeit verstand sich Sonja gut mit Thomas, Student und ehemaliger Schulkamerad ihrer älteren Schwester. Er hing früher ebenfalls der “Waver-Richtung” an und Sonja konnte sich daher sehr gut mit ihm unterhalten. Vermutlich ärgerte dies Robert, denn nach Sonjas Aussage nervte sie dieser in letzter Zeit sehr. Sonja ließ sich ihm gegenüber häufig verleugnen, nur um nicht mit ihm auszugehen zu müssen.

Am 04.04.1995 hatte Sonja ihren 19. Geburtstag. Anlässlich ihres Geburtstages feierte sie in den darauffolgenden Tagen zusammen mit ihren Freundinnen Lucie, Elli, und Anna, mit denen sie regelmäßig ihre Freizeit verbrachte, in verschiedenen Diskotheken. Die vorläufige Feier fand im Lokal “Hexe” in Gröbenzell statt. Am folgenden Donnerstag, den 06.04.1995 war die Gruppe sehr lange im “Tilt”. Am nächsten Tag, Freitag, dem 07.04.1995, fand dann die eigentliche Geburtstagsfeier in der Wohnung von Elli und Anna statt, wo Sonja bis Samstagmittag blieb. Am Sonntag, dem 09.04.1995 war sie dann nochmals bei den beiden.
Durch das tagelange Feiern und Ausgehen war Sonja am Montag, den 10.04.1995 sehr müde. Sie hatte daher auch keine Absicht, an dem verhängnisvollen Montag, auszugehen. Begründet ist dies auch darin, dass sie das mit ihrer Schwester gemeinsam genutzte Auto für diesen Abend nicht reserviert hatte.

– Von wem wurde das Telefon der Engelbrechts abgehört?
– Wie kommt der Rosenkavalier Robert darauf, dass Sonja möglicherweise Selbstmord begangen haben könnte und das Robert, der letzte Begleiter wisse wo Sonja sei?
– Aus welchem Grund rief Robert am frühen Morgen, gegen 4:40 Uhr am 16.04.1995, bei den Engelbrechts an?

Auf dem Weg zum und im “Vollmond”

Vollmond 1995

Das Bild zeigt das Lokal „Vollmond“ in der Schleißheimerstraße 82.

Laut Robert fuhren Sonja und er vom Hauptbahnhof aus mit der U-Bahn zum Josephsplatz. Von dort aus ging es zu Fuß weiter zum Lokal „Vollmond“, das sich in der Schleißheimerstaße 82  befindet (der heutige Name des Lokales ist „Stadion an der Schleißheimerstraße„).  Als beide gegen ca. 21:40 Uhr im “Vollmond” eintreffen (laut Aussage von Josef), treffen sie dort angeblich zufällig Josef (einen Freund von Robert) und seinen Freund Julian. Die zwei Jungs wollen an einem 4er-Tisch gesessen haben. Zufällig fanden Sonja und Robert auch gleich Platz an deren Tisch, obwohl das Lokal recht voll war.
Gegenüber Sonjas Eltern bestätigte Julian oben genannte Zufälligkeiten und behauptete auch, Robert vorher nicht gekannt zu haben.
Die Kellnerin, die an diesem Abend alleine die Gäste im „Vollmond“ bediente, war sich später unsicher ob sie Sonja im Lokal gesehen hatte. Laut ihr wäre es möglich das Sonja dort gewesen sei, es wäre aber genau so gut möglich, dass sie nicht dort gewesen sei. Die Kellnerin wurde übrigens von der Polizei erst ca. ein Jahr nach Sonjas Verschwinden, nämlich am 23.04.1996, befragt.

– Warum sollen Robert und Sonja mit der U-Bahn zum Josephsplatz, anstatt zum Stiglmaierplatz gefahren sein? Der Fußweg vom Josephsplatz zum „Vollmond“ ist deutlich länger, als der Fußweg vom Stiglmaierplatz zum „Vollmond“. Des weiteren ist der Fußweg vom Josephsplatz zum „Vollmond“ für einen Ortsunkundigen viel komplizierter. (Robert gab selbst an, im „Vollmond“ noch nie zuvor gewesen zu sein)
– Warum fanden Robert und Sonja sofort Platz am Tisch von Josef und Julian, obwohl das Lokal laut Aussage der Kellnerin an diesem Abend sehr voll war?
– Warum geben die Jungs an, an einem 4er-Tisch gesessen zu haben, obwohl im gesamten Lokal kein einziger 4er-Tisch existierte? Im „Vollmond“ gab es damals ausschließlich 6er-Tische.
– Sollten die vier an einem 6er-Tisch gesessen haben, müssten sich die zwei weiteren Personen die an diesem Tisch saßen, dann nicht nachher an Sonja, Robert, Josef und Julian erinnert haben?
– Warum fand sich kein Zeuge, der sich daran erinnern konnte Sonja, Robert, Julian, oder Josef im Vollmond gesehen zu haben? Zumindest Julian und Josef müssten doch durch ihr jugendliches Alter in so einem Lokal aufgefallen sein (beide damals erst 14 und 15 Jahre alt)
– Waren Sonja, Robert, Josef und Julian an diesem Abend überhaupt im „Vollmond“?
– Warum behauptete Julian, Robert zuvor nicht gekannt zu haben?

Der 10.04.1995 – Bei Sonja zu Hause

Robert rief am späten Nachmittag des 10.04.1995 an einem Montag, mehrmals bei den Engelbrechts an und redete so lange auf Sonja ein, bis sie schließlich einwilligte, am Abend mit ihm auszugehen.
Da sie jedoch nicht allein mit ihm ausgehen wollte, versuchte sie, zumindest jemand aus der Mädchengruppe zum Mitgehen zu motivieren. Lucie lehnte ab, mit dem Argument, dass sie als Berufstätige am nächsten Tag früh aufstehen müsse. Die anderen Mädchen hat Sonja telefonisch nicht erreichen können. Sonja und Robert hatten in dieser Woche (Karwoche) bereits Schulferien.

Sonja und Freundinnen 1994-1

Sonja und ihre Freundinnen 1994 am Gardasee

Sonja zog an diesem Abend zum ersten Mal eine enge, schwarze Lederhose an, die sie sich erst kurz zuvor von ihrem Geburtstagsgeld gekauft hatte. Und auch die schwarze Lederjacke im 70er Jahre Stil, die Sonja von ihrer Oma geschenkt bekommen hatte, zog sie an diesem Abend zum ersten Mal an.

Die überwiegend schwarze Kleidung, die Sonja an diesem Abend trug, entsprach nicht ihrem üblichen Kleidungsstil. Ihre Mutter musste Sonja noch mehr oder weniger dazu überreden die schwarze Lederjacke auf Grund der Wetterverhältnisse überhaupt anzuziehen.

Sonja und Freundinnen 1994

Sonja und ihre Freundinnen 1994 am Gardasee

Ein Streit zwischen Sonja und ihrer älteren Schwester Silvia fand entgegen anderslautenden Presseberichten an diesem Abend nicht statt. Es war von vorneherein klar, dass Sonja das Auto der Schwestern an diesem Abend nicht nutzen konnte. Denn sie hatte es nicht reserviert und an einem Montag stand üblicherweise Sonjas Schwester das Auto zu.
Wenn Sonja aber unbedingt mit dem Auto in den „Vollmond“ hätte fahren wollen, dann hätte sie das Auto ihrer Eltern nehmen können.
Sonja war es grundsätzlich aber auch gewohnt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, da sie den Führerschein zum Zeitpunkt ihres Verschwindens erst seit knapp vier Monaten besaß.
Sonja verließ gegen 20:45 Uhr die elterliche Wohnung, nachdem sie sich von ihrer Mutter verabschiedet hatte, um sich mit Robert am Münchner Hauptbahnhof (häufiger Anlaufpunkt der Gruppe) zu treffen.

– Warum war es Robert so sehr wichtig, dass Sonja gerade an diesem Abend mit ihm ausging?
– Warum ließ sich Sonja von Robert zum Ausgehen überreden, obwohl sie so müde war?
– Womit genau überredete Robert Sonja zum Ausgehen?

Nach Sonjas Verschwinden – Probleme mit der Polizei

Bereits in den Frühstunden des 11.04.1995 stellt Sonjas Mutter fest, daß Sonja außergewöhnlich lange ausblieb. Sonjas Zimmertür stand noch offen wie beim Weggehen; nach Rückkehr machte sie die immer zu. Normalerweise kehrte sie spätestens um 3 Uhr zurück. Wenn sie ausblieb und bei ihren Freundinnen übernachtete, teilte sie dies per Telefon ihren Eltern mit, selbst zu später Stunde.
Über das ungewöhnlich lange Wegbleiben ohne Nachricht waren Sonjas Eltern anfänglich etwas verwundert und vermuteten nur eine Ausnahmesituation. Ihre Mutter konnte sich am Vormittag des 11.04.1995 nicht mehr weiter damit beschäftigen, da sie 2 Arzttermine zu erledigen hatte. Als nach ihrer Rückkehr zur Wohnung um ca. 14 Uhr Sonja immer noch abwesend war, versuchte sie, die Sache zu klären und führte dazu diverse Telefonate.
Hierbei erzählte ihr Robert, daß er Sonja am Stiglmaierplatz zurückgelassen hatte und das Sonja angeblich ihre Schwester zwecks Abholung anrufen wollte.

Im Laufe des späteren Nachmittags wurden Sonjas Eltern bei der Polizeiinspektion 33 vorstellig zwecks Vermisstenanzeige. Die Entgegennahme wurde mit der Begründung der Volljährigkeit und dem damit gebotenen Selbstbestimmungsrecht abgelehnt. Es wurde jedoch zugesagt, bei der Streife, zumindest ein gewisses Augenmerk auf diese Sache zu werfen. Ob dies tatsächlich erfolgte, ist unbekannt.

Auch der 2. Versuch am nächsten Tag wurde erneut abgewiesen. Der Verdachtshinweis von Sonjas Eltern auf ein unfreiwilliges Wegbleiben und das Sonja kaum Geld mitführte wurde mit der offensichtlichen als Scherz gedachten Bemerkung begegnet, daß sie sich bei diesem Aussehen auch ohne Geld vergnügen könne.

Später baten Sonjas Eltern dann auch verschiedene örtliche (auch öffentlich-rechtliche) Rundfunksender, Suchmeldungen zu verbreiten, was, mit Ausnahme von Radio Charivari, mit der Begründung abgelehnt wurde, daß hierfür eine polizeiliche Erlaubnis erforderlich sei. (Viel später waren dann auch BR 1 und die Deutsche Welle zu ein- oder zweimaliger Ausstrahlung bereit. Spätere diesbezügliche Bemühungen beim Weissen Ring bzw. „XY Unbekannt“ lehnte man beim ersten telefonischen Versuch bei der DFK in München mit der Begründung ab, daß hier nichts sensationell Kriminelles vorliege und beim zweiten in Mainz, daß, in Absprache mit der Polizei, eine Veröffentlichung zu diesem Zeitpunkt nicht hilfreich sei.
Auch die Taxivereinigung wies das Anliegen von Sonjas Eltern nach einer Suchmeldung zurück, angeblich sei später eine Durchsage an alle Fahrer erfolgt. DRK und Heilsarmee zeigten sich ebenso wenig hilfreich.

Am Mittwoch, 12.04.1995 am Nachmittag nahmen Sonjas Eltern dann unmittelbaren Kontakt mit der Vermißtenstelle (KPD 1 Dez. 11) auf und legten dort den Fall dar. Nach darauf erfolgter Abstimmung zwischen PI 33 und Dez. 11, wurde also nach dem dritten Versuch, am späten Nachmittag bei der PI 33 der Vermißtenfall aufgenommen und auch in die nationale (angeblich auch über INTER-POL in die internationale) Vermißtendatei eingegeben. Polizisten der PI 33 durchsuchten dann die Wohnung von Sonjas Eltern, sowie Keller und Boden des Wohnhauses, vermutlich nach einer Leiche o.ä. (dies war die erste Durchsuchung, es folgten dann noch weitere von Vermißten-, dann Mordkommissariat und letztlich vom LKA im Rahmen der Fingerabdruckaufnahme, letzere allerdings erst nach exakt 3 Monaten).

Die Medien erhielten somit erst am Gründonnerstag, dem 13.04.1995, also erst 2 Tage danach in der polizeilichen Pressekonferenz Kenntnis von Sonjas Verschwinden. Wegen des darauf folgenden Feiertags, dem Karfreitag, erschienen diesbezügliche Zeitungsberichte erst am Samstag, den 15.04.1995, also nach 4 Tagen.

Da Robert mittlerweile mit seinen Eltern über Ostern in die jugoslawische Heimat abgereist war, ging die Vermißenstelle überzeugt davon aus, daß Sonja mitgereist sei und nach Ostern wieder zurückkehre. Als dies nun doch nicht eintraf, fand man ein anderes Argument, um den Fall nicht weiter angehen zu müssen, indem man meinte, daß sie dann eben mit ihrer großen Liebe an einem schönen Ort das Leben genieße und halt erst zum Schulanfang käme. Dies ist u.E. ein signifikanter Hinweis darauf, in welcher Weise hier vorgegangen wurde, wodurch kostbare Zeit zum rechtzeitigen Ergreifen von Maßnahmen zum Feststellen von Sonjas Verbleib und eine ausreichende Spurensicherung vertan wurden (z.B. in der fraglichen Telefonzelle und Wohnung).

Auf Grund vorangegangener Erfahrungen und aus Sorge, fragten Sonjas Eltern natürlich öfters bei der Vermißtenstelle über den Ermittlungsstand nach, und, ob sie zu weiteren Auskünften gebraucht würden, dies war offensichtlich nicht im dortigen Sinne. So wurde dort u.a. geäußert, daß man Wichtigeres zu tun habe, als sich um eine Ausreißerin zu kümmern.
Damit war für Sonjas Eltern ersichtlich, wie dieser Fall dort bewertet und behandelt wurde.

Wie erwähnt, übernahm die Mordkommission (MK 1) in der 3. Woche nach Sonjas Verschwinden den Fall und begann dann (so etwa ab der 4. Woche) mit den ersten Einvernahmen und den o.g. Suchaktionen sowie auch mit anderweitigen.

Mittlerweile setzte sich aber auch bei der Polizei die Meinung durch, daß Sonja nicht freiwillig weggeblieben ist, wovon Sonjas Eltern von Anfang an überzeugt waren und dies auch dort deutlich bekundet haben. Wesentlicher Hinweis für ein unfreiwilliges Wegbleiben ist für Sonjas Eltern die Tatsache, daß sie ihr Auto, größere Geldbeträge, Kleider, Taschen, etc. nicht mitnahm. Sie führte zwar gewohnheitsmäßig Führerschein und Ausweis mit sich, jedoch nicht einmal eine Handtasche und lediglich DM 5,-, vorgesehen für Getränke im Lokal (angeblich hat sie nur 1 Bier bestellt). Dieser geringe Geldbetrag lag darin begründet, daß sie nicht gefilzt bzw. von Drogensüchtigen angebettelt oder selbst gezwungen werden konnte, Drogen zu kaufen.

Sonjas Eltern bemühten sich von Anfang an, ständig Kontakt mit der Polizei zu halten und relevante Informationen zu liefern. Dabei stellten sie fest, daß dies offensichtlich nicht immer möglich, wie auch gewünscht war, mit Ausnahme der Einvernahme. Diese stellte jedoch lediglich auf die von dort vorgegebenen Fragen ab. Die persönlichen Erkenntnisse Sonjas Eltern schienen dort offensichtlich nicht bedeutsam oder wichtig und fanden daher auch keinen Niederschlag in den Vernehmungsprotokollen.
Zwecks Kontakt und Informationsaustausches bzw. zur Erzielung eines Informationsgleichstand, baten Sonjas Eltern beim zuständigen Dezernat 11 um ein Gespräch, denn dort war ihres Erachtens keine Bemühung um weiteren Kontakt mit ihnen zu erkennen. Ein weiterer Grund hierfür war auch, daß nach ihren Feststellungen dort offensichtlich ein unterschiedlicher Informationsstand zwischen den Ermittlern bestand. Das erste Gespräch, unter Beteiligung des Dezernatleiters Kriminaloberrat Nagel, fand dann am 18.05.1995 statt. Sonjas Eltern wiesen dort besonders auf die erheblichen Ungereimtheiten in den Aussagen des damals letzten Begleiters von Sonja, Robert hin. Dies wurde jedoch mit der Begründung abgetan, daß sie subjektiv emotional urteilten.

Im übrigen entstand der Eindruck eines gespannten, wenig einvernehmlichen bzw. verständnisvollen, ja sogar vorwurfsvollen Gesprächsverlaufs, wenngleich verbal dort Gegenteiliges geäußert wurde. Eine gewisse Vorbelastung ergab sich natürlich dadurch, daß die Vernehmung von Sonjas Schwester Silvia, aussage gemäß, lautstark, unharmonisch, und unter verschiedenen „Vorhalten“, hierbei insbesonders Mordunterstellung, Bezichtigung der Lüge, etc. verlief. Die Polizei begründete dies mit der 2-maligen Verschiebung des Einvernahmetermins durch Silvia. Nachweislich war dies aus gesundheitlichen Gründen zwingend geboten (u.a. Pfeiffersches Drüsenfieber, ärztliche Behandlung, etc.).
Ihr wurde dabei eine staatsanwaltschaftliche Vorführung udgl. angedroht. Letzteres wäre ohnehin im Sinne von Sonjas Eltern gewesen, weil sie sich erhofften, daß der Vermißtenfall dadurch der Staatsanwaltschaft zur Kenntnis gelangt, falls nicht schon bekannt, und dadurch diese dann die Ermittlung übernahm bzw. sich diese qualitativ verändert.
Silvia wurde auch deswegen des Mordes beschuldigt, weil Mädchen aus Sonjas Clique gelogen haben. Lucie, Anna, und Elli sagten vor der Polizei aus, Sonja habe Silvia den Freund weggenommen, dies trifft jedoch nicht zu!

Nun zurück zu den Fragen, die Sonjas Vater bei der Einvernahme gestellt wurden. Sie zeigten, daß die Polizeidienststelle selbst in dieser relativ langen Zeit, offensichtlich nicht den richtigen Ansatz gefunden hatte oder finden wollte und den Verdacht, vermutlich bequemerweise, auf die Familie legte; was dies für die Familie Engelbrecht bedeutete, wird sich jeder einigermaßen vorstellen können!
Dies führte bei Sonjas Eltern, besonders im Zusammenhang mit dem bis dahin gesammelten Erfahrungen bei der Vermißtenstellte (K 111 des Dez 11) und einer Vorsprache bei der Vermißtenstelle des LKA (1. HK Mielke), zwangsläufig zu entsprechenden Vorbehalten. Wobei Sonjas Eltern mittlerweile ihre positiven Erwartungen dort hinsichtlich angemessenem- bzw. gebotenem Vorgehen zur Aufklärung bzw. Lösung dieses relativ einfachen Vermißtenfalls aufgeben mußten. Leider hat sich die damalige Einschätzung Sonjas Eltern inzwischen bestätigt. Hier nur ein Beispiel einer Frage bei der Einvernahme: „Ob Sonja oder deren Vater nackt in der Wohnung herumliefen“ udgl.

Eine zweite Besprechung beim Dez. 11 unter Beisein des Dez. Leiters Kriminaloberrat Nagel, veranlaßt durch Sonjas Mutters schriftliche Anfrage bezüglich des Ermittlungsstandes, da sie Angaben für die Versicherungsangelegenheiten benötigte, kam am 29.06.1995 zustande. Sonjas Eltern wurden aufgefordert, Verschwiegenheit über dieses Gespräch zu halten, an Ende fragten sie sich allerdings worüber eigentlich. Denn ihrer Meinung nach kam nur Allgemeines und Unbedeutendes zur Sprache; Vertrauliches war nicht zu erkennen. Dort wurden Sonjas Eltern lediglich ermahnt, wie Sonjas Mutter schon vorher von der Polizei und Sonjas Vater, in einem vorangegangen Gespräch mit der Staatsanwältin Frau Illini, jeglichen Kontakt mit der Familie des Robert dringend zu unterlassen.

Erst im zweiten der o.g. Gespräche mit dem Dez. Leiter Kriminaloberrat Nagel erfuhr dieser von einem vorangegangen Vorsprechen von Sonjas Vater bei Roberts Vater und diesbezüglicher Beschwerde dieser Familie über dieses Vorgehen, sowie der Auflage seitens der MK1 Sonjas Eltern gegenüber, solche Kontakte und Gespräche zu unterlassen.
Es muss betont werden, daß die Familie von Robert jegliche Unterstützung zur Aufklärung kategorisch und in unflätigster Weise ablehnte und weiterhin ablehnt mit dem Hinweis, daß „sie mit der Sache nichts zu tun habe und wer weiß wen Sonja anrufen wollte“. Auch Robert selbst hat nie eine Bemühung erkennen lassen, bei der Suche mitzuhelfen, sondern das Gegenteil, wie bereits erwähnt. Über jeglichen Kontaktversuch von Sonjas Eltern, beschwerten sie sich umgehend bei der Polizei.

Trotz des bei der zuständigen Polizeidienststelle bekundeten professionellen Vorgehens und des Hinweises, daß Sonjas Eltern alles Weitere getrost der Polizei überlassen sollten, konnten sie sich des Eindrucks nicht erwehren, daß sie nicht ausreichend einbezogen wurden.

Sie wendeten sich deshalb an die Staatsanwaltschaft, von der sie bis dahin auch noch nicht angesprochen wurden.
Die ihnen bis dahin bekannten wesentlichen Aussagen zum Verschwinden faßten sie mit einer abschließenden Bewertung in einem Schreiben zusammen. Darin wiesen sie auf die vielen Ungereimtheiten in den Aussagen des Robert, dem sog. letzten Begleiter von Sonja deutlich hin.
Im Telefonat am 30.07.1995 erklärte die zuständige Staatsanwältin Frau Illini (Staatsanwaltschaft München 1) sinngemäß, daß sie diese Ungereimtheiten in den Aussagen des Robert zwar erkenne, diese aber nicht ermittlungserheblich seien und im übrigen auch keine rechtlichen Mittel diesbezüglich gegeben seien. Sonjas Eltern sollen nur dann wieder an sie heran treten, wenn sie über neue ermittlungserhebliche Kenntnisse verfügen.
Auch hier wurde Sonjas Eltern wieder dringend angeraten, jeglichen Kontakt mit der Familie von Robert zu unterlassen, um Nachteile für sie zu vermeiden. Welcher Art diese Nachteile sein sollen, wurde trotz Nachfrage bis heute nicht geklärt.